Bericht: Wie es ist, Jurymitglied bei einem Kunstwettbewerb zu sein.

Ein Bericht von Lisa Knaak:

Mitte März durfte ich als Jurymitglied bei der Auswahl einer plastisch-dreidimensionalen künstlerischen Arbeit für das Stadtzentrum in Rohrbach-Berg, an der Kunstuniversität Linz teilnehmen.

Weitere Jurymitglieder waren:
Univ.-Prof. Dipl.des Frank Louis
Univ.-Prof. Mag.art. Elke Bachlmair
Mag. Markus Raml

Wie läuft so ein Wettbewerb ab? Was passiert bei einer Jurysitzung und wie wird ausgewählt welche Arbeiten gewinnen?

– Mehr dazu in meinem Bericht:

Im Oktober 2021 wurde der Wettbewerb zur „Gestaltung einer skulpturalen Intervention in Rohrbach-Berg“ für Studierende und AbsolventInnen der Kunstuniversität ausgeschrieben. Die künstlerische Arbeit soll später in einem Durchgang, zwischen zwei Gebäuden umgesetzt werden und ist vom Stadtplatz aus sichtbar. Ausgeschrieben wurde der Wettbewerb von der Kanzlei Raml und Partner, die in Rohrbach-Berg ein neues Firmengebäude errichtet.

Die Ausschreibung, enthielt neben mehreren Visualisierungen und Fotos der Gegebenheiten vor Ort, auch unterschiedlichste Anforderungen an die künstlerische Arbeit wie etwa Langlebigkeit, Dreidimensionalität, Blickfang, zukünftige Wartung etc.. Außerdem sollten die Einreichungen neben den Entwurfsideen auch aussagekräftige Visualisierungen sowie eine ungefähre Kostenschätzung enthalten.

Die TeilnehmerInnen konnten von Oktober 2021 bis Februar 2022 ihre Ideen per E-Mail einreichen.



Anfang März haben die Jurymitglieder alle Einreichungen per E-Mail zur Durchsicht erhalten um sich mit den Konzepten vertraut zu machen. 17 Projekte und etwa 100 Seiten voll mit Ideen, Visualisierungen und Konzepten lagen auf meinem Schreibtisch. Eingereicht wurden verschiedenste Ideen: Granit-Skulpturen, Leuchtobjekte, verschiedene Gestaltungen mit Bäumen und Pflanzen usw.. Die Einreichungen hätten nicht unterschiedlicher sein können.

Am 16. März hat schließlich die Jurysitzung an der Kunstuniversität stattgefunden. Im Hörsaal 1 waren bereits alle Einreichungen nebeneinander aufgelegt. Die meisten KünstlerInnen haben Modelle Ihrer Arbeiten gebaut und/oder Materialproben abgegeben, die neben den jeweiligen Einreichungen aufgebaut waren.

Zuerst wurde jedes einzelne Projekt vorgestellt und besprochen. In der zweiten Runde wurde jede Arbeit anhand verschiedener Kriterien diskutiert: Raumwirkung – Gegebenheiten vor Ort – Material – Farbe – Form – Aussage – Wirkung – uvm.  und schließlich eine erste Auswahl getroffen.

Anschließend hatten erneut alle Jurymitglieder die Möglichkeit die verbleibenden Arbeiten zu betrachten und gemeinsam zu besprechen. Für die finale Auswahl der besten drei Arbeiten wurden die einzelnen Projekte immer wieder besprochen und verglichen bevor ein einstimmiges Jury-Urteil gefällt wurde.

Für mich war es eine sehr spannende Erfahrung an der Jurysitzung teilzunehmen und gemeinsam aus vielen großartigen Einreichungen drei Gewinner-Projekte auszuwählen.

Ich bin bereits gespannt auf die Umsetzung des Sieger-Projekts „Der Roten Faden“ und freue mich darauf, das Werk vor Ort besichtigen zu können!

Jurysitzung an der Kunstuniversität Linz
Foto: Ina Rexhepi

Gewinnerprojekt: „Der Rote Faden“
Grafik: Jamie Wagner

Jurybegründung:

Das Siegerprojekt „Der rote Faden“ von Jamie Wagner (Studentin Architektur) überzeugt durch seine skulpturale Kraft und raumgreifende Dimension. Es ist ein Angebot an die Besucher*innen von Rohrbach-Berg auf ihr zu sitzen, zu liegen, zu stehen. Die Signalfarbe Rot strahlt über den Ort des Kunstwerkes hinaus und in die Stadt hinein, gibt Orientierung und führt zugleich auch in das Gebäude FUTURO hinein. Die Jury war sehr angetan von der Einreichung.

Das zweitplatzierte Projekt „Kommunizierende Gefäße“ von Alexander Till und Gabriele Berger (Absolvent*innen) arbeitet mit Granittrögen, die auf den ersten Blick sehr vertraut wirken und an jene denken lassen, wie man sie aus dem Mühlviertel kennt. Erst auf den zweiten Blick wird die Idee bzw. das dahinterliegende physikalische Prinzip sichtbar, das darin besteht, dass die Wasserstände miteinander verbundener Gefäße, in diesem Fall Granittröge, immer gleich sind. Darin lässt sich in den Zeiten sozialer Ungleichheit und zunehmender Unterschiede zwischen Stadt und Land eine Metapher des Ausgleiches erkennen.

Das drittplatzierte Projekt von Paul Eis (Student Architektur) „Gesprächsraum“ überzeugte durch Einfallsreichtum und einen künstlerischen unkonventionellen Zugang. Nur an zwei Betrachter-Standpunkten zeigt sich die Form einer leeren Sprechblase, die als Ansporn zu verstehen ist, sie mit Kommunikation zu füllen. Der Entwurf ist sehr grafisch und zeigt sich bei Tag als lineares Objekt und bei Nacht als Lichtband.

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